© Georgi Sarkezi
“Good girl routine” - das Bild entstand bei meiner Soloperformance im November in Linz. Es ist brutal, sich vollkommen dem Publikum auszusetzen. Ebenso brutal ist es für die Zuschauenden. Eigentlich schauen sie nicht, sie sind genau so Teil der Performance wie der Performer / die Performerin selbst. Dieser kollektive Raum, indem wir gemeinsam spielen, erleben, entdecken. Mit jedem Atemzug auf der Bühne, fällt ein wenig Scham ab. Scham die sich unter der Haut ausbreitet, sich einnistet und langsam wächst, immer größer wird bis sie uns schließlich von oben bis unten wie zäher Honig einhüllt und in die Knie zwingt.
Und genau da setzte ich an. Es ist brutal, seine Ideen zum ersten Mal zu äußern, sich der Gefahr bewusst zu sein, welche sich darin verbirgt. Sie werden womöglich zerschmettert aber vielleicht auch nicht. Vielleicht fallen sie wie kleine Samen auf fruchtende Erde und wachsen, werden groß, blühen und vermehren sich. In dem was ich mache, begegne ich immer wieder dieser Scham, die Zweifel in mich einsät, mich bewegungslos macht und in die Knie zwingt. Und ja, oft denke ich-lass es, lass es, lass es nicht sein. Das Spiel ist der größte Feind der Scham. In manchen Momenten im Spiel bin ich von ihr so losgelöst, dass jegliche gesellschaftlichen Konventionen wie weggewischt sind und alles möglich ist.
Und das wünsche ich wirklich Jedem / Jeder. Deshalb beginne ich in Bälde eine Fortbildung zur qualifizierten Spielkulturpädagogin, damit Spielen wieder groß wird und der “spielende Mensch” zurückkehrt. Die Fortbildung und noch viele andere spannende Kurse gibt’s übrigens hier: Akademie der kulturellen Bildung
Auch trägt es zur Selbstermächtigung bei. Ich meine das so: als Darstellende ist man immer auf ein Gegenüber angewiesen und wenn man zb. als Freischaffende/r gerade kein Engagement hat, was dann? Mir geht es zunehmend um Selbstbestimmtheit in diesem sehr flüchtigen und wankelmütigen Business. Deshalb einen Step beiseite raus aus der Warteschleife und zur SB-Kasse.
Einen Podcast habe ich dieser Tage sehr genossen. Manuel Rubey erzählt in “Kunst und Klischee” von der Schönheit und Brutalität im Schauspiel: Kunst und Klischee mit Manuel Rubey
Kurz nochmal zurück zum Anfang. Nach der Performance kam eine Zuschauerin zu mir und meinte: “ it was so honest and brutal. There was nothing between you and us”. Und da habe ich erkannt, nach was ich in meiner Arbeit suche: Ehrlichkeit.
Und deshalb lohnt es sich weiterzumachen, der Ehrlichkeit wegen. Schamlos.
Was treibt euch als Künstler*innen, Menschen an? Wonach sucht ihr, wenn ihr das macht, was euch nicht mehr loslässt?
Ein sweeter Song zum Schluss: Bonaparte / Keine Zukunft
Bussi,
Sarah ♥️